Raus aus dem Cockpit und rein ins Echsen-Epos!
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Titel | Starfox Adventures |
System | GameCube |
Genre | Action-Adventure |
Jahr | 2002 |
Entwickler | Rare |
Publisher | Nintendo |
Mehrspieler | nein |
Speicher | 3 Spielstände |
Zielgruppe | Anfänger und Fortgeschrittene |
Gestestete Version | D |
Starfox Adventures
Los Angeles, Electronic Entertainment Expo, wir schreiben das Jahr 2000 und der britische Softwarezulieferer Rare präsentiert die ersten Eindrücke zu einem Spiel, welches den Schwanengesang der Engländer auf Nintendos 64-Bit-Spielekonsole liefern soll: Dinosaur Planet. Angesiedelt auf einem exotischen Planeten, dessen Oberfläche nicht von allen Reptilien als primäre Lebensform bereinigt wurde, kämpfen der junge Fuchs Sabre und seine Adoptivschwester um das Schicksal des Universums einen gemeinsamen Vater-Sohn-Konflikt aus und entdecken Gefühle füreinander. Neben Resident Evil 2 und Conker's Bad Fur Day soll dieses Spiel satte 512 Mbit (64MB) auf der Cartridge zu Verfügung gestellt bekommen und gleichzeitig – ähnlich wie Diddy Kong Racing auf Mario Kart 64 – die europäische Antwort auf Nintendos Kassenschlager The Legend of Zelda – Ocarina of Time werden. Gerüchten zufolge existiert bis heute eine fertige Version des N64-Masters im englischen Örtchen Twycross… Doch die Geschichte beschrieb eine Kehrtwendung: Das Nintendo 64 konnte den ökonomischen Ansprüchen Nintendos ebenso wenig wie das Softwareunternehmen Rare gerecht werden. Kurzerhand wurden beide Geschäftsbereiche eingestampft bzw. die Aktienanteile Rares gingen an Microsoft, die einen zugkräftigen Entwickler für die Xbox suchten. Zwecks anstehendem GameCube-Support wurde Dinosaur Planet – auf Empfehlung Miyamotos kurzerhand im Starfox-Franchise angesiedelt – in Form von Starfox Adventures für den GCN umgesetzt bzw. überarbeitet. Mit welchem Ergebnis soll die vorliegende Rezension deutlich machen…
Acht Jahre nach Lylatwars…
Die Great Fox patrouilliert im gesamten Lylat System und überwacht das von Andross Horden befreite Territorium. Zum Unterhalt des Mutterschiffes fehlt es an finanziellen Mitteln, gute Aufträge sind selten geworden Falco Lombardi hat das Starfox-Team verlassen und möchte sein Glück auf eigene Faust versuchen. Peppy Hare sowie Slippy Toad haben den aktiven Pilotendienst quittiert und widmen sich ruhigeren Aufgaben an Bord. Lediglich Fox McCloud, beruflich Held sowie Pilot und Anführer des Starfox-Teams, sehnt sich nach einem neuen Auftrag von General Pepper. Die Pizzakartons stapeln sich auf der Schiffsbrücke, Heavy Metal dröhnt aus einer terrestrischen Jukebox der 50er-Jahre als…plötzlich ein Hologramm Peppers erscheint und ihnen den neuesten Auftrag präsentiert: Eine Revolte auf Dinosaur Planet, mehrere Saurierstämme streiten um die Herrschaft um ihren Planeten. Doch der mysteriöserweise immer mächtiger werdende Anführer der SharpClaws – General Scales – entwendete die den Planeten in seiner Struktur stabiliserenden vier Ahnensteine und beschwor damit ein Auseinanderbrechen des Planets herauf. Einer der bisherigen Herrscherstämme Dinosaur Planets – die Earthwalker, ein Volk von Tryceratops-Dinosauriern – versteckte angesichts der Bedrohung vorsichtshalber die lebensspendenden sechs Krazoa-Geister überall auf dem Planeten, um sie vor dem Zugriff Scales zu schützen. Genug zu tun für unseren kampferprobten Rotfuchs…
Futuristisches Zelda?
In einem damaligen Interview wurde erwähnt, dass im Rahmen der Entwicklung des ursprünglichen N64-Projektes des vorliegenden Titels seitens Japan den Briten die 3D-Engine von Nintendos Millionenseller Zelda - Ocarina of Time zu Verfügung gestellt wurde. Schon die ersten Spielstunden lassen den Verdacht aufkeimen, dass nicht nur das technische Grundgerüst dem japanischen Vorbild entspricht. Das Gesamtgameplay wirkt im Wesentlichen wie eine dreidimensionale The Legend of Zelda-Variante, die allerdings deutlich hat Federn lassen müssen; Federn gelassen in einer Deutlichkeit, dass am Ende ein magersüchtiges aus Haut und Knochen bestehendes Federvieh übrig blieb, das gerade genug Kräfte aufbringen konnte selbstständig zu laufen. Für kleinere Sprünge – von eventuellen Höhenflügen gar abzusehen – fehlte allerdings jegliche Kraft. Der Spielverlauf ist streng linear gegliedert, Fox landet auf dem Planeten und findet den Energiestab Krystals und hüpft, kämpft und quasselt sich durch eine überraschungsarme Action-Adventure-Architektur. Zudem bietet ein fast jeder Zeit zuschaltbares Interkom, dieses den Sternenfuchs mit seinen Kameraden an Bord der Great Fox verbindet, umfassende Hilfe. Gegenstände einsammeln, heilige Reliquien finden, zu einem Tempel bringen, SharpClaws auf immer gleiche Art niederknüppeln, explosive Fässer kontrolliert detonieren lassen, den Sidekick Prinz Tricky Pilze erschnüffeln lassen, Mammuts reiten und Schneegleiterrennen gewinnen beschreiben im Wesentlichen die Kernelemente des Spiels; aber es wäre nicht Starfox, wenn man die abgetrennten Areale des Planeten nicht über den Arwing erreichen müsste: Diese kurzen Passagen wirken wie ein auf Hochglanz poliertes Lylatwars (N64), dauern wenige Minuten, und haben bei korrekter Anzahl an eingesammelten Ringen Auswirkungen auf den planetaren Schutzschild, dieser einen daran hindert vorwärts zu kommen. Interessant an diesen kurzen aber hervorragend umgesetzten Passagen ist der spielstandübergreifende Highscore-Stand. So erhält der geneigte Spieler dreimal die Möglichkeit seinen Score pro Planetenbruchstück in die Höhe zu treiben. Im Rahmen des narrensicheren roten Fadens des Spiels hantiert Rareware mit klassischen Versatzstücken des Action-Adventure-Baukastens: Mittels intuitiv angeordneter Tasten orientiert sich das Sternenfuchsabenteuer ganz Zelda-esque am offensichtlichen Vorbild und macht damit wenig falsch. Kurzum, das Rad wird nicht neu erfunden, es dreht sich nur gewohnheitsgemäß weiter.
Technik die begeistert.
Twycross galt seit dem SNES-Debüt von Donkey Kong Country unter Videospielern als Mekka der technischen Opulenz. Diesen Ruf kann Starfox' GameCube-Einstand ebenfalls für sich beanspruchen: Ein auf Nintendo-Systemen bis dato unübertroffenen Detailgrad, die beeindruckenden Fellbewegungen des Titelhelden, Wasseroberflächen, die im Sternenlicht flackern, dass man ein Handtuch bereithalten möchte, und spiegelnde, funkelnde Marmorböden in sagenhaften wassersäulengespickten Geistertempeln, die einer anderer Raum-Zeit-Dimension entsprungen scheinen, heben Starfox Adventures auf den Grafikolymp. Der GameCube wird hier optisch ausgereizt, wie es das nicht mal eine handvoll weiterer Titel während der gesamten Konsolenära schaffen – in optionalem 16:9-Breitbild. Gelegentliche Einbrüche bei der Framerate während eines Datenstreams eines neuen Geländeareals sind angesichts quasi nicht vorhandener Ladezeiten zu verschmerzen. Soundtechnisch wummern gewohnt höherwertigere Beanland-, Wise- sowie Kirkhope-Kompositionen wahlweise in Surround, durch den Äther. Die Sprachausgabe – spätestens seit dem N64-Abgesang Conker's Bad Fur Day ein Rare-Steckenpferd– erweist sich auch hier als akustisches Heimspiel, ebenso wie die cineastisch inszenierten und zahlreichen Zwischensequenzen auf dem Niveau gängiger Disney-TV-Serien. Technisch ein Brett, eine Ode an die Fähigkeiten des Nintendo GameCubes, da lassen die Jungs von Rareware in ihrem letzten exklusiven Heimkonsolentitel noch einmal den Zauber entstehen, der Träumern die Tränen in die Augen treibt, wenn man sich vorstellt wie wohl weitere Titel dieses Herstellers die Softwarebibliothek des GCN bereichert hätten…
Fox on the Run…
Der Replayfaktor des Sternenfuchsabenteuers liegt in etwa in dem, sich einen guten Animationsfilm anzusehen, denn unterm Strich bleibt von dem technischen Overkill lediglich ein interaktives Science Fiction-Märchen für Kinder und Junggebliebene übrig. Hier scheiden sich die Geister: Videospieler mit einem Hang zu einem cartoonesquen Weltraumabenteuer und Starfoxfreunde werden nach einiger Zeit vermutlich aufgrund der wunderbar präsentierten Story und des Gefühls auf einer fremden, liebenswerten, außerirdischen Welt unterwegs zu sein, die Disc erneut rotieren lassen. Abseits von reinem Eskapismus bleibt, abgesehen von dem Versuch seinen Arwing-Highscore während des erneuten Durchspielens hochzutreiben, herzlich wenig übrig: kein Mutliplayermodus, keine neuen Features zum Freispielen, kein veränderter Abspann. Man wird den Eindruck nicht los, Rareware schrieb dieses Stück ursprünglich für ein professionelles Symphonieorchester, letztendlich wurde es aber dann doch nur ein musikalischer Abend des Volkshochschulkurses. Das technische Fundament und die Erfahrungen mit Rarewares Nintendo 64-Spielen lassen deutlich werden, dass hier mühevoll in letzter Minute etwas zusammengeflickschustert wurde, was hätte soviel mehr werden sollen. Schade drum, aber die Videospieleindustrie ist auch nur ein Geschäftsfeld und diesem Titel merkt man an, dass ökonomische Gründe (Verkauf des Entwicklers an Microsoft) ihm qualitativ das Genick brechen…

Wertung | 83% |